Nachdem 1872 eine erste Synagoge in der Kehdenstraße und dann 1869 in der Haßstraße gebaut worden waren, wurde 1910 an der Ecke Humboldtstraße/Goethestraße die neue Synagoge eingeweiht. Dort befand sich neben dem Versammlungsraum auch die israelitische Religionsschule. Außerdem bildete die Synagoge das Zentrum lebhafter jüdischer Vereins- und Verbandsaktivitäten. Die Kieler Juden waren als Kaufleute, Rechtsanwälte, Ärzte, Lehrende an der Universität und vereinzelt in anderen Bereichen tätig und besaßen keinen nennenswerten politischen oder wirtschaftlichen Einfluß. 1933 hatte die jüdische Gemeinde Kiel rund 600 Mitglieder, dies waren kaum 0,3 % der Bevölkerung. Die Zahl der von der nationalsozialistischen Judenverfolgung Betroffenen liegt höher: Die antisemitische Gesetzgebung der Nazis richtete sich in Kiel gegen ca. 800 Menschen, darunter auch sogenannte jüdische Mischlinge und als arisch angesehene Ehepartner von Juden.
Die Wochenzeitung der Kieler NSDAP, der "Volkskampf", war Hauptagitationsmittel der antijüdischen Propaganda. Nach mehreren Hetzartikeln veröffentlichte der nationalsozialistische Volkskampf am Vorabend des Boykott-Tages eine Liste der zu boykottierenden Geschäfte. Am 1. April, einem Sonnabend, bezogen schon vor 9 Uhr SS- und SA-Leute Posten vor den betroffenen Geschäften. Schaulustige Bürger zogen in die Innenstadt, um Zeugen der Ereignisse zu werden.
Aber es sind auch einige Fälle bekannt, bei denen bewusst gegen den Boykott Stellung bezogen wurde:
Schumm flüchtete zunächst, stellte sich dann jedoch freiwillig der Polizei und wurde gegen Mittag in das Polizeigefängnis in der Blumenstraße eingeliefert. Währenddessen verwüsteten und plünderten SA- und SS-Männer das Möbelgeschäft. Bewusste Falschmeldungen heizten die Stimmung an. So wurde verbreitet, dassß der SS-Mann getötet worden und Schumm im Möbelgeschäft unter Gerümpel gefunden und festgenommen worden sei. NSDAP-Kreisleiter Walter Behrens und sein Sekretär Otto Ziegenbein wurden beim Polizeipräsidenten vorstellig und verlangten, ihnen Schumm auszuliefern. Als sie mit dieser Forderung keinen Erfolg hatten, musste auf dem Platz vor dem Rathaus eine größere Gruppe von fast 100 SA- und SS-Männern antreten, die zum Gefängnis marschierte und es stürmte. Friedrich Schumm wurde in seiner Zelle durch 25 Pistolenschüsse getötet. Danach zogen die Mörder unbehelligt ab. Die Leiche durfte nicht in Kiel beigesetzt werden, und deshalb wurde Schumm in Rendsburg beigesetzt. Sein Grab blieb bis heute erhalten.
Nach diesem Vorfall wurde der Boykott in Kiel bereits mittags abgebrochen.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 befanden sich fast alle Nationalsozialisten von Rang und Namen in München, um dort den Jahrestag des missglückten Hitlerputsches von 1923 zu feiern. Der damalige Kieler Polizeipräsident und SA-Führer der Gruppe Nordmark, Meyer-Quade, erteilte dem Stabsführer der SA-Gruppe Nordmark, Oberführer Volquardsen, unter Billigung des schleswig-holsteinischen Gauleiters und Oberpräsidenten Lohse von dort aus den Befehl zur Ausführung des Pogroms. Alle von Volquardsen bei der SA-Gruppe Nordmark Versammelten, unter ihnen auch der Kreisleiter der NSDAP Kiel, Otto Ziegenbein, ordneten des weiteren an, die Juden der Stadt festzunehmen und im Polizeipräsidium einzuliefern.
Geschäfte und Wohnungen einiger in Kiel lebender Juden wurden geplündert, 55 jüdische Männer festgenommen und zehn von ihnen in Konzentrationslager verschleppt. Zwei von der SA-Gruppe eigenmächtig angeordnete Mordversuche an den bekannten Kieler Juden Herrn Lask und Herrn Leven scheiterten nur knapp.
Nach dieser Nacht durfte die Synagoge nicht mehr betreten werden. Die Innenräume waren zerstört, die Kultgegenstände geschändet bzw. gestohlen. Am Gebäude selbst gab es jedoch keinen substantiellen Schaden und eine Reparatur wäre ohne größeren Aufwand möglich gewesen. 1939 kaufte die Stadt Kiel das Grundstück für knapp 20.000 RM von der Jüdischen Gemeinde. Der Wert von Gebäude und Nebenanlagen betrug vor der Zerstörung 190.800 RM. Im April begannen die Abbrucharbeiten der Synagoge, die sich bis November 1940 hinzogen. Zum geplanten Neubau eines Büro- und Wohngebäudes kam es im Krieg nicht mehr.
Da es unter den in Kiel nicht abgemeldeten Juden einen hohen Anteil aus Polen stammender Männer gab, ist anzunehmen, dass sie am Tag des deutschen Einmarsches nach Polen inhaftiert wurden. Nachweisbar ist dies in einem Fall: Ein Mann wurde am ersten Kriegstag verhaftet und nach Sachsenhausen gebracht, wo er achtzehn Monate später starb. Zwei Wochen nach Kriegsbeginn wurden 22 ursprünglich aus Polen stammende Frauen und Kinder aus Kiel über Frankfurt nach Leipzig und von dort aus wahrscheinlich im Mai 1942 ins Vernichtungslager nach Belzec (Polen) deportiert. Mindestens 16 dieser Menschen kamen ums Leben.
1939 wurde damit begonnen, die in Kiel verbliebenen Juden und zum Teil deren nichtjüdische Ehepartner in so genannten Judenhäusern am Kleinen Kuhberg 25, im Feuergang 2 und in der Flämischen Straße 22a unter unmenschlichen Bedingungen zusammenzupferchen. Anfang Dezember 1941 musste sich eine Gruppe von Juden im Luftschutzkeller des Rathauses einfinden. Später wurden sie nach Riga deportiert. In den folgenden Jahren gab es weitere Deportationen nach Theresienstadt, zwölf Juden vorher wegen ihrer verzweifelten Lage Selbstmord. Namentlich und nachweisbar sind 239 Kieler Jüdinnen und Juden Opfer der faschistischen Verfolgung, die Zahl der Ermordeten muss jedoch wesentlich höher angesetzt werden.
Seit dieser Zeit gibt es in Kiel keine Jüdische Gemeinde mehr. Um die heute noch in Kiel lebenden Juden und auch den jüdischen Friedhof kümmert sich die Jüdische Gemeinde Hamburg.