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Pinneberg im Nationalsozialismus

Auf Beschluß des Pinneberger Kreistages vom 2. September 1987 sollte die NS-Geschichte des Kreises in Form einer Dokumentation "aufgearbeitet" werden. Frank Will übernahm die Aufgabe, Daten und Fakten zu sammeln, ungesichtete Akten auszuwerten und Zeitzeugen zu befragen, um ein möglichst präzises Bild der Jahre von 1933 bis 1945 im Kreis Pinneberg zu gewinnen.


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Das Ergebnis seiner Arbeit liegt nun schon länger als Buch vor. In zwei großen einleitenden Kapiteln beschreibt der Verfasser zuerst die Geschichte des Kreises von 1867 bis 1929 und fokussiert die Endphase der Weimarer Republik mit ihrer Radikalisierung der Politik und dem Aufstieg der NSDAP auch im Untersuchungsgebiet.

Analog der historischen Entwicklung zeichnet Will dann die Gleichschaltung, die Stabilisierung des Regimes, die Herrschaftsstruktur von Partei und angeschlossenen Organisationen sowie den Weg in den Krieg und die Ereignisse der Jahre 1939 bis 1945 nach. Erfreulich ist, daß der Autor in seiner Beschreibung sehr direkt ist, d.h. sich - soweit es ohne nähere Überprüfungen festgestellt werden kann - nicht hinter Anonymisierungen oder ausweichende Formulierungen zurückzieht, sonden um große Präzision und Faktendichte bemüht ist. Besonders die regionale Presse erwies sich für ihn als wichtige Quelle, da auch für den Kreis Pinneberg die Aktenbestände der NS-Zeit in großem Maß zerstört worden sind.

Wo es ihm aufgrund der Faktenlage möglich ist, behält Will sowohl die nationale als auch die Personengeschichte im Blick. Vergleichwerte illustrieren die jeweiligen Verhältnisse - etwa Wahlergebnisse, Mitgliedergrößen von Parteigliederungen u.ä. - vor dem Hintergrund des gesamten Dritten Reiches. Sofern es die Kenntnislage zuläßt, stellt der Verfasser die politischen Karrieren maßgeblicher Aktivisten - beispielsweise des als Kreisleiter und Landeshandwerksmeister tätigen Ingenieurs Ferdinand Schramm, des Bürgermeisters Paulsen oder des Landrats Duvigneau - in den Gesamtzusammenhang.

Mit diesem ausgiebig illustrierten Band liegt nun auch für den Kreis Pinneberg eine umfassende Darstellung der regionalen NS-Geschichte vor, die als Gerüst für eine Reihe wünschenswerter Sonderuntersuchungen etwa zur Verfolgung Andersdenkender, zur kulturellen Gleichschaltung oder der Tätigkeit der Gestapo dienen kann.

Im Zusammenhang mit der Ausstellung "Ende und Anfang im Mai 1945" fand sich in Pinneberg eine Gruppe interessierter Männer und Frauen in einer Geschichtswerkstatt von der Volkshochschule zusammen und erarbeitete ein die Ausstellung ergänzendes regionales Fenster "Pinneberg 1945". Die zusammengetragenen Dokumente, Fotos, Akten und Zeitzeugenberichte bildeten auch die Grundlage für eine Publikation, die das Jahr 1945 und die weitere Entwicklung bis 1950/51 behandelt.

Am Anfang des Buches stehen Auszüge aus Interviews, Briefen und Berichten, in denen - nach thematischen Aspekten geordnet - die Situation bei Kriegsende dargestellt wird. So verdienstvoll es auch ist, privates Material und Erinnerungen als historische Quellen heranzuziehen, haben die Mitarbeiter des Buches doch einen wesentlichen Fehler gemacht: die Auszüge wurden ohne nähere Kennzeichnung oder Kommentierung aneinandergereiht. Es wäre kein Widerspruch gewesen, dem vermutlich geäußerten Wunschen nach Anonymität der Informanten zu entsprechen, aber doch wenigstens Angaben über Alter, Beruf, Geschlecht zu machen. In der vorliegenden Form ist nicht einmal erkenntlich, wieviele Gespräche bzw. sonstige Quellen zugrunde gelegt wurden bzw. wo ein Zitat anfängt und auf-


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hört. Durch diesen eher leichtfertigen Umgang mit dem Material werden viele mögliche Rückschlüsse und weitergehende Auswertungen leider verhindert.

Den Hauptteil des Buches machen verschiedene Aufsätze aus, in denen es um die britische Militärregierung, den politischen Neuanfang, die Geschichte der Stadtwerke von 1933 bis 1949, das Bauen in und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, die "Verwaltung" der Wohnungsnot 1945/46 und das kulturelle Leben nach dem 8. Mai 1945 geht.

Die monographische Darstellung Frank Wills zur eigentlichen NS-Geschichte und die ausführliche Beschreibung der unmittelbaren Nachkriegszeit des Kreises Pinneberg im Buch der Geschichtswerkstatt ergänzen einander, lassen aber auch jeweils die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Arbeitsmethoden erkennen. Insgesamt wäre eine breitere Dokumentation von Zeitzeugenerinnerungen vor allem bei Frank Will wünschenswert gewesen.

Da die Publikation der Geschichtswerkstatt aus Kostengründen ein fester Rahmen gesetzt werden mußte, konnten nicht alle interessanten und relevanten Dokumente in den Band aufgenommen werden. Sie stehen aber als kopierte Quellensammlung in der Geschäftsstelle der Volkshochschule gegen Entgelt zur Verfügung.

Kay Dohnke

Frank Will: Rechts - zwo - drei. Nationalsozialismus im Kreis Pinneberg. Hrg. vom Kreis Pinneberg. Pinneberg: Eigenverlag des Kreises 1993. 292 S. und

Pinneberg 1945. Hrg. von der Geschichtswerkstatt der VHS Pinneberg. Norderstedt: Verlagshaus Meincke 1996. 232 S.


Veröffentlicht in den Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte (Kiel) Heft 30 (Dezember 1996) S. 75-77.


Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte Heft 30

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