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"Vergessene Kinder"

Die Ausstellung "Vergessene Kinder" beschäftigt sich mit dem Schicksal von 15 jüdischen Kindern und Jugendlichen aus Schleswig-Holstein, ihrer Ausgrenzung und Verfolgung, ihrer Vernichtung und ihrem Überleben.

Zeitgleich zur Ausstellung entstand ein Begleitband, an dem Prof. Dr. Gerhard Paul, Dr. Bettina Goldberg sowie Studierende an der Bildungswissenschaftlichen Universität Flensburg und der Muthesius-Hochschule Kiel mitarbeiteten.

Der Herausgeber Gerhard Paul nennt in der Einführung vier zentrale didaktische Überlegungen bei der Konzeption:
- Die Darstellung der Verfolgung und Vernichtung der Juden während der Zeit des Nationalsozialismus soll lokal- und regionalgeschichtlich auf Schleswig-Holstein Bezug nehmen
- Die Perspektive auf die damaligen Ereignisse soll die der jüdischen Kinder und Jugendlichen sein (dieses Anliegen erfüllt der Titel Vergessene Kinder allerdings nicht)
- Die jüdischen Menschen sollen als "Subjekte im Prozeß der Verfolgung" (S. 16) vorgestellt werden.
- Als wichtiges Auswanderungsziel der verfolgten Juden ist das Land Palästina bzw. Israel Gegenstand einiger Texte.

Neben der didaktischen Einführung finden sich eingangs auch Erläuterungen zur Konzeption der Ausstellung. Die verbleibenden rund 160 Seiten sind wie folgt gegliedert: Einen Teil bilden die Texte und Bilder der acht Ausstellungstafeln mit den dazu gehörenden Arbeitsfragen. Der andere Teil bietet in Form von 15 Aufsätzen Hintergrundinformationen an, woran sich jeweils Quellentexte und Fragen anschließen. Den Abschluß des Bandes bilden Hinweise auf weiterführende Literatur.

Die grafische Gestaltung der Ausstellungstafeln ist gelungen und der biografische, regionalgeschichtliche Ansatz in besonderer Weise geeignet, Jugendliche anzusprechen.

Der Begleitband bietet Lehrerinnen und Lehrern eine Fülle von Informationen und Anregungen zur Aufbereitung des Themas im Unterricht. Darüberhinaus erscheint er als fast zwingend notwendige Ergänzung zur Ausstellung, da auf den Tafeln Begriffe wie z.B. "Hachscharah" oder "Jugend-Alijah", die den wenigsten geläufig sein dürften, offensichtlich nicht erklärt werden.

Beim Lesen des Begleitbandes fällt ein Mangel des Layouts auf: In allen Texten sind bestimmte Begriffe und Wörter auf die gleiche Art und Weise (rot, Großbuchstaben, anderer Schrifttyp) hervorgehoben. Der Sinn dieser Hervorhebungen wird nirgendwo erläutert. In der didaktischen Einführung soll der Text dadurch offenbar gegliedert werden. In den Ausstellungstexten ist zunächst gar kein Grund für die besondere Kennzeichnung erkennbar. Erst in den Aufsätzen wird die Absicht klar: Die Begriffe aus den Ausstellungstexten stehen rechts neben der jeweiligen Aufsatzüberschrift. Sie finden sich im Aufsatztext wieder und werden dort näher erläutert.

Neben diesen Begriffen sind allerdings auch noch weitere Wörter hervorgehoben, wie z.B. "Nationalsozialisten" (S. 59) oder "Umzug" (S. 63) an


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anderer Stelle ganze Wortgruppen wie z.B. "Zufluchtsländer selbst Orte der Verfolgung" (S. 171). Statt Orientierung entsteht so leider eher Verwirrung. Es ist schade, daß dieses Problem nicht bemerkt wurde.

Insgesamt gesehen erweist sich der Begleitband als sinnvolle, ja notwendige Ergänzung zur Ausstellung. Beiden ist eine große Verbreitung zu wünschen.

Sigrun Jochims

"Vergessene Kinder". Jüdische Kinder und Jugendliche aus Schleswig-Holstein 1933-1945. Hrg. v. Gerhard Paul und Bettina Goldberg. Schleswig: Selbstverlag des IZRG 1999. 181 S.


Veröffentlicht in den Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte Heft 36 (1999) S. 116-117.


Die Rezensentin: Sigrun Jochims, geboren 1968 in Itzehoe, arbeitet zur Zeit an ihrer Dissertation über Juden in Schleswig-Holstein nach 1945.


Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte Heft 36

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