Auf Betreiben der Luftwaffe errichtete die SS-Führung des Konzentrationslagers Neuengamme bei Hamburg im Sommer 1944 das Außenkommando Kaltenkirchen. Die KZ-Häftlinge aus vielen Nationen – vor allem aus der Sowjetunion, Polen, Frankreich, den Niederlanden und Belgien – sollten unter der Maxime „Vernichtung durch Arbeit“ den Militärflugplatz Kaltenkirchen für ein düsengetriebenes Jagdflugzeug ausbauen. Die Zahl der Häftlinge im Lager schwankte zwischen 500 und bis zu 1000. Bis zur Evakuierung des Lagers am 16. April 1945 kamen vermutlich 500 bis 700 Häftlinge durch Hunger, Kälte, Arbeit, Entbehrungen, Krankheit und Mord zu Tode. Von 214 in Kaltenkirchen verstorbenen KZ-Häftlingen sind Name, Herkunft und Todesdatum dokumentiert.
Gerhard Hoch und andere untersuchten seit 1975 die Geschichte des Lagers, aber auch die Geschichte des Nationalsozialismus in und um Kaltenkirchen und brachten die Ergebnisse ins öffentliche Bewusstsein. So kam es 1978 zur Umgestaltung der Gräberstätte Moorkaten, wo 184 namentlich bekannte Tote begraben sind. Die irreführende Bezeichnung „Kriegsgräberstätte“ konnte allerdings erst 1992 in „Gräberstätte für
Kriegsgefangene und KZ-Opfer“ korrigiert werden. In den 90er-Jahren kam es zu einer weiteren Spurensuche. 1994 wurde zufällig eine überwucherte Betonplatte im Waldboden gefunden, die zu einer systematischeren Suche und zur Entdeckung der Fundamente des Waschraumes und der Latrine des Lagers führte. Das gab den Anstoß zur Schaffung einer Gedenkstätte, die am 30. April 2000 eröffnet wurde und seitdem in stetigem Ausbau begriffen ist. Es hatte sich mit Hilfe der Stadt Kaltenkirchen am 5. Juli 1999 der „Trägerverein KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch“ gegründet, der seitdem für den Ausbau und den Betrieb der Gedenkstätte verantwortlich ist.
Keine der Holzbaracken des Lagers ist erhalten geblieben. Lediglich das Wasch- und Latrinengebäude hatte Steinfundamente, die im Zuge der Errichtung der Gedenkstätte freigelegt wurden. Die Außenwände der ehemaligen Baracken sind mit Metallpfosten und weißen Holzlatten markiert. Ein Rundweg erschließt das Gelände.
Am ehemaligen Lagergelände wurde ein Büro-Container als Ort für Gespräche und Information aufgestellt. Eine Dauerausstellung mit Bildern, Grafiken und Texten auf Wandtafeln konnte im Dezember 2002 der Öffentlichkeit präsentiert werden. Sie informiert über die Vorgeschichte des ehemaligen KZ-Lagers, über das Lager selbst, seinen Alltag und seine Bedeutung sowie die Nachkriegsgeschichte. Seit 2002 verstärken Arbeiten des Bildhauers Ingo Warnke die Aussagekraft der Gedenkstätte. Am Ort des früheren Appellplatzes befindet sich eine drehbare Steinsäule mit einer eingravierten Gedichtstrophe von Stephan Hermlin.
Trägerverein KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch e.V. Der Trägerverein wurde im Jahre 1999 als eingetragener Verein gegründet. Er besteht zurzeit aus knapp 100 Einzelmitgliedern, elf Gebietskörperschaften, sieben Kirchengemeinden und neun korporativen Mitgliedern.
Mitgliedsbeiträge von Einzelpersonen, Firmen und Institutionen, Spenden von Besuchern des Dokumentenhauses, Sponsoren (z. B. die Stiftung der Kreissparkasse Südholstein), Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten.
Keine Angestellten. Achtköpfiger ehrenamtlicher Vorstand des Träger-
vereins: Uta Körby (erste Vorsitzende), Jürgen Gill (stellvertretender Vorsitzender), Ingrid Schulz-Pankratz (Schriftführerin), Reinhold Krause (Kassenwart) und die Beisitzer Jürgen Fock, Jürgen Wiese, Inga-Martina Toft und Uwe Czervonka.
Die jüngere Generation, besonders Schüler und Schülerinnen in und um Kaltenkirchen, sollen die Möglichkeit haben, nicht nur eine Anschauung von dem Lager zu gewinnen, sondern auch einen eigenen Beitrag zur Erhaltung des Mahnmals zu leisten. 21 Schulen im Umkreis der Gedenkstätte haben sich im monatlichen Wechsel zu Patenschaften für die Gedenkstätte angemeldet. Jede dieser Schulen verpflichtete sich damit, die Pflege der Anlage für einen Monat zu übernehmen. In erster Linie können Schulklassen vor Ort und im Dokumentenhaus einen Unterrichtsvormittag lang anschaulich über das ehemalige Lager und über seinen zeitgeschichtlichen Hintergrund informiert werden. Seit dem Sommer 2004 haben ABM-Kräfte, die von der VHS Kaltenkirchen zur Verfügung gestellt wurden, die Pflege und Instandhaltung der Gedenkstätte übernommen, was während der langen Sommerferien eine bessere Kontinuität gewährleistete. Trotzdem sollen weiterhin Schulklassen bei Pflegemaßnahmen eingesetzt werden.
Mit der Öffnung des Dokumentenhauses an Wochentagen während des ganzen Jahres haben sich die Besucherzahlen deutlich erhöht. Während des Sommerhalbjahres befindet sich auch an den Wochenenden eine Aufsicht im Dokumentenhaus. Allein im Mai und Juni 2005 hat die ABM-Kraft über 500 Besucher gezählt.
Aus einem im Dokumentenhaus ausliegenden Besucherfragebogen geht hervor, dass die meisten Besucher durch die intensive Pressearbeit des Trägervereins und durch die günstige Lage der Gedenkstätte an der B4 (ein großes, für Autofahrer gut sichtbares Schild zeigt auf die Gedenkstätte) aufmerksam geworden sind.
Die Gedenkstätte befindet sich im Augenblick in einem sehr ansehnlichen Zustand. Ihre Entwicklung hat ein Stadium erreicht, in dem sie ihren Auftrag in vollem Umfang erfüllen kann. Aber in einer nächsten Phase soll ein größeres Projekt in Angriff genommen werden. Gewünscht ist die Aufstellung eines zweiten Containers, in dem ein Schulungs- und Versammlungsraum eingerichtet werden soll. Das Dokumentenhaus, in dem sich die Ausstellungen befinden, erweist sich inzwischen für beide Funktionen,
nämlich zugleich Dokumentenhaus und Versammlungs- und Schulungshaus zu sein, als viel zu eng. Ein entsprechender Zuschussantrag nach Brüssel war 2005 wegen knapper Mittel abschlägig beschieden und der Trägerverein auf einen neuen Versuch im nächsten Jahr vertröstet worden. Das Projekt wird mit bis zu 32.000 Euro veranschlagt.
Begleitheft für einen Rundgang über das Gelände der Gedenkstätte
Das KZ-Außenkommando Kaltenkirchen. Katalog einer Ausstellung im Dokumentenhaus der KZ-Gedenkstätte, 2000
Die Toten des KZ-Außenlagers Kaltenkirchen
Ein Aufklärer und Mahner kämpft gegen das Vergessen in Süd-Holstein: Gerhard Hoch, 2000
Schulflyer
Anpassung oder Widerstand – Ein Unterrichtsvorschlag für die Hand von Lehrerinnen und Lehrern
Daneben gibt es eine Vielzahl von Aufsätzen und Büchern von Gerhard Hoch über das Lager und die NS-Geschichte in und um Kaltenkirchen, die auf der Homepage der Gedenkstätte nachgewiesen sind.
KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Nützen-Springhirsch an der B4 zwischen Langeln und Lentföhrden
Uta Körby, Hof Segen, Wendlohe 7, 25355 Lutzhorn, Tel. und Fax: 04123/ 959279, E-Mail: uta.koerby@t-online.de
Jürgen Gill, Brookweg 35, 24568 Kaltenkirchen, Tel. 04191/6181, E-Mail: juegi@t-online.de
Homepage: www.kz-kaltenkirchen.de
Über die Homepage kann man sich für einen kostenlosen Newsletter anmelden, der vierwöchentlich erscheint.
Dokumentenhaus (ab Mai): Dienstag bis Donnerstag 9–17 Uhr; Sonnabend
9–17 Uhr; Sonn- und Feiertage 11–17 Uhr (bis Ende September). Das Außengelände ist jederzeit frei zugänglich.
Vorsitzende des Trägervereins ist Uta Körby. Gruppen melden sich für eine Führung an bei: Dr. Gerhard Hoch, Tel. 04193/2925, Jürgen Gill, Tel. 04191/6181.
Veröffentlicht in den Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte Heft 47 (2006) S. 119 - 122. Im Original enthält der Beitrag 1 Abbildung.